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Messwerte im Energiemarkt: Verantwortlichkeiten, Prozesse und rechtliche Grundlagen

Dieser FAQ-Eintrag beschreibt die Verantwortlichkeiten für die Erfassung, Verarbeitung und Bereitstellung von Messwerten im deutschen Energiemarkt. Er erläutert den standardisierten Datenaustausch zwischen den Marktrollen unter Berücksichtigung relevanter Gesetze, Verordnungen und technischer Richtlinien.

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Kontext:

Die präzise Erfassung und der automatisierte Austausch von Messwerten sind essenziell für die korrekte Abrechnung von Energie, die Bilanzierung, die Netzstabilität und die Umsetzung von Redispatch 2.0 Maßnahmen. Der Datenaustausch erfolgt standardisiert über die Marktkommunikation (MaKo) gemäß den Vorgaben der Bundesnetzagentur (BNetzA), insbesondere durch die Festlegungen WiM Strom (Wechselprozesse im Messwesen Strom), MaBiS (Marktprozesse zur Bilanzkreisabrechnung Strom), GPKE (Geschäftsprozesse Kundenendabrechnung Strom) und GeLi Gas (Geschäftsprozesse Lieferantenwechsel Gas). Grundlage hierfür bilden das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG). Der elektronische Datenaustausch dient der Umsetzung der regulatorischen Vorgaben und der Sicherstellung eines diskriminierungsfreien Zugangs zu Messdaten. Die Eindeutige Identifikation von Marktteilnehmern erfolgt über den EIC-Code (Energy Identification Code). Im Kontext der Bilanzierung spielt der Bilanzkreis eine zentrale Rolle. Ein Bilanzkreis ist ein virtuelles Konto, in dem ein Bilanzkreisverantwortlicher (BKV) für den Ausgleich zwischen Einspeisung und Entnahme verantwortlich ist. Der BKV prognostiziert die benötigte Energie und gleicht Differenzen aus, um die Netzstabilität zu gewährleisten. Messwerte sind die Grundlage für die Bilanzkreisabrechnung und die Ermittlung von Ausgleichsenergie. Im Falle von Redispatch 2.0 werden Messwerte genutzt, um Netzengpässe zu identifizieren und gezielte Maßnahmen zur Entlastung des Netzes einzuleiten. Redispatch 2.0 zielt darauf ab, durch die Anpassung der Einspeisung von Erzeugungsanlagen und des Verbrauchs von Lasten Netzengpässe zu beheben und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Antwort:

Die Hauptakteure im Messwesen sind Messstellenbetreiber (MSB), Verteilnetzbetreiber (VNB) bzw. Netzbetreiber (NB) im Gasbereich und Lieferanten (LF). Der Messstellenbetreiber (MSB), welcher entweder der grundzuständige Messstellenbetreiber (gMSB) oder ein wettbewerblicher MSB sein kann, ist für den Einbau, Betrieb, Wartung und die Ablesung der Zähler am Zählpunkt der Messlokation (MeLo) zuständig. Die Messlokation (MeLo) bezeichnet den physischen Ort der Messeinrichtung, während die Marktlokation (MaLo) den Ort des Energieverbrauchs beschreibt, der abgerechnet wird. Eine MaLo kann mehrere MeLos umfassen, beispielsweise bei einer Wärmepumpe mit separatem Zähler. Der Zählpunkt ist die Stelle, an der die Messung tatsächlich stattfindet. Der MSB übermittelt die Messwerte an den VNB (Strom) bzw. NB (Gas), der diese plausibilisiert, aggregiert und der korrekten Marktlokation (MaLo) zuordnet. Plausibilitätsprüfungen umfassen verschiedene Arten von Validierungen, wie formale Validierung (z.B. Formatprüfung), inhaltliche Validierung (z.B. Grenzwertprüfung) und zeitliche Konsistenzprüfung (z.B. Vergleich mit historischen Verbrauchsdaten). Bei fehlerhaften Messwerten erfolgt eine Ersatzwertbildung. Der VNB bzw. NB leitet die aufbereiteten Messwerte dann an den zuständigen LF weiter, der sie für die Abrechnung des Energieverbrauchs verwendet. Der LF rechnet auf Basis des Customer Load Profile (CLP) ab. Beispiel: Ein VNB stellt fest, dass ein Messwert außerhalb des erwarteten Bereichs liegt. Nach Überprüfung der Messeinrichtung und des Zählpunkts wird ein Ersatzwert auf Basis des historischen Verbrauchs und der aktuellen Wetterbedingungen gebildet. Im Kontext intelligenter Messsysteme (iMSys) spielt das Smart Meter Gateway (SMGW) eine zentrale Rolle für die sichere und verschlüsselte Datenübertragung gemäß den technischen Richtlinien des BSI (Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik), insbesondere der TR-03109-x Reihe. Intelligente Messsysteme bestehen aus einer modernen Messeinrichtung (mME) und einem Smart Meter Gateway. Eine moderne Messeinrichtung (mME) ermöglicht im Gegensatz zu einem konventionellen Zähler die Anzeige des aktuellen Energieverbrauchs und der historischen Verbrauchsdaten. Das SMGW-A (Smart Meter Gateway Administration) ist für die Konfiguration, Überwachung und Bereitstellung von Sicherheitsupdates des SMGW zuständig. Die Datenübertragung erfolgt elektronisch im EDIFACT-Format, primär über MSCONS-Nachrichten, die Messwerte, Zählpunktbezeichnungen und weitere relevante Informationen enthalten. Weitere wichtige EDIFACT-Formate sind UTILMD (Stammdaten), CONTRL (Kontrollnachricht) und APERAK (Fehlerantwort). Die Kommunikation kann über AS2, TLS oder VPN erfolgen. Beispiel für eine MSCONS-Nachricht (vereinfacht): UNH+...:D:MSCONS... Zählpunktbezeichnung+... Messwert+... Einheit+... Ein konkretes Beispiel für Redispatch 2.0: Aufgrund hoher Windenergieeinspeisung kommt es zu einem Netzengpass in Norddeutschland. Der VNB identifiziert den Engpass mithilfe von Messwerten und fordert gezielt die Reduzierung der Einspeiseleistung von Windparks an, um das Netz zu entlasten. Die betroffenen Anlagenbetreiber erhalten eine entsprechende Anweisung und passen ihre Einspeisung an.

Zusätzliche Informationen:

Die Prozesse und Verantwortlichkeiten im Messwesen sind durch das Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) und die darauf basierenden Verordnungen und Festlegungen der Bundesnetzagentur (BNetzA) detailliert geregelt. Das MsbG regelt unter anderem die Pflicht zum Einbau intelligenter Messsysteme und das Recht auf Messwerte. Die Datenqualität ist entscheidend, weshalb umfangreiche Plausibilitätsprüfungen durchgeführt werden. Smart Meter Gateways (SMGW) müssen gemäß den technischen Richtlinien des BSI zertifiziert sein, um die hohen Sicherheitsanforderungen zu erfüllen. Im Kontext intelligenter Messsysteme sind datenschutzrechtliche Aspekte gemäß der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu beachten. Dazu gehören die Einwilligung des Kunden, Datenminimierung und Transparenz bei der Datenverarbeitung. Die BSI-Zertifizierung von SMGWs stellt sicher, dass die hohen Sicherheitsanforderungen erfüllt werden und die Daten der Verbraucher geschützt sind. Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit dem Thema wird auf die relevanten Festlegungen der Bundesnetzagentur (BNetzA) und die technischen Richtlinien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) verwiesen.

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