Das 5%-Problem der Marktkommunikation | Stromhaltig

Das 5%-Problem: Warum Standard-IT die Marktkommunikation bremst

Veröffentlicht: 4.9.2025

Während 95% der MaKo-Prozesse automatisiert sind, verursachen die restlichen 5% der Klärfälle enorme Kosten. Warum ERP-Systeme hier scheitern und wie moderne digitale Infrastrukturen die Lösung sind. Ein Auszug aus unserem Whitepaper.

Vom operativen Ärgernis zum strategischen Wettbewerbsvorteil

In der deutschen Energiewirtschaft wird die bilaterale Klärung von Abweichungen in der Marktkommunikation (MaKo) oft als unvermeidbares, operatives Ärgernis betrachtet. Doch diese Perspektive ist kurzsichtig. Während rund 95 % der MaKo-Prozesse in Standard-ERP-Systemen hochautomatisiert ablaufen, verursachen die verbleibenden 5 % der Ausnahmefälle unverhältnismäßig hohe Kosten. Jeder manuell bearbeitete Klärfall kostet zwischen 10 und 20 Euro, bindet wertvolle Ressourcen und führt zu Intransparenz und Prozessbrüchen.

In einem zunehmend preissensiblen Energiemarkt wird die Fähigkeit, diese Ausnahmen schnell und transparent zu lösen, zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Es ist ein Indikator für prozessuale Reife und gelebte Partnerzentrierung.

Die Wurzel des Problems: Massenprozess vs. Einzelfall

Die Ursache für die ineffiziente Handhabung von Klärfällen liegt in einem fundamentalen, architektonischen Spannungsfeld. Die regulatorischen Rahmenwerke der Bundesnetzagentur sind konsequent auf die Automatisierung von Massenprozessen ausgelegt – die sogenannte "Dunkelverarbeitung". Kernsysteme wie SAP IS-U sind als hochperformante Transaktionsmaschinen für diesen "Happy Path" konzipiert.

Ihre Designphilosophie vernachlässigt jedoch per se die Realität des "Unhappy Path" – des Ausnahmefalls, der eine individuelle Analyse, unstrukturierte Kommunikation und flexible, menschliche Entscheidungen erfordert. Dies führt dazu, dass der Fortschritt in der Automatisierung die gesamte verbleibende Komplexität und die damit verbundenen Kosten auf die manuellen Ausnahmefälle konzentriert.

Warum Standard-ERP-Systeme hier scheitern müssen

ERP-Systeme sind als "Systems of Record" konzipiert, deren Stärke die Verwaltung strukturierter, transaktionaler Daten ist. Klärfallmanagement erfordert jedoch ein "System of Engagement", das auf die Steuerung flexibler, menschlicher Arbeitsabläufe ausgelegt ist. Der Versuch, diese Arbeit in ein ERP-System zu zwingen, scheitert an vier fundamentalen Defiziten:

  • Fehlende Case-Management-Logik: Das Fehlen einer integrierten digitalen Fallakte führt zur Zersplitterung von Informationen. Arbeitsschritte und Entscheidungen sind nicht zentral gebündelt, was die Nachvollziehbarkeit des Bearbeitungsstatus erschwert.
  • Unzureichende Prozess-Steuerung: Komplexe, mehrstufige Klär-Workflows mit mehreren Abteilungen oder Eskalationsstufen können nicht adäquat abgebildet werden. Dies führt zu manuellen Übergaben und einer hohen Fehleranfälligkeit.
  • Mangelnde Kollaboration: Die Kommunikation findet meist außerhalb der primären Systeme in E-Mail-Postfächern statt. Dies führt zu Informationssilos, bei denen wichtige Absprachen für andere Teammitglieder nicht sichtbar sind.
  • Fehlende Wissensvermittlung: Bestehende ERP-Systeme fungieren als passive Datenspeicher und bieten keine Mechanismen für ein effektives „Training-on-the-Job“. Prozesswissen ist nicht direkt im Arbeitsfluss verfügbar.

Die Lösung: Ein spezialisiertes "System of Engagement"

Um diese Lücke zu schließen, bedarf es einer spezialisierten digitalen Infrastruktur. Ein solches System ergänzt das ERP und schafft die Basis für Exzellenz in der bilateralen Klärung. Zu den Schlüsselfunktionen gehören:

  • Zentrales Ticketing & Visuelles Workflow-Management: Jeder Klärfall wird als zentrales Ticket erfasst. Kanban-Boards visualisieren den Prozessfluss und zeigen klar, was z.B. auf eine Antwort des Partners wartet.
  • Intelligente Nachverfolgung: Das System leitet aus dem E-Mail-Verlauf automatisch den Status ab (z.B. waitingOn: 'PARTNER') und trackt Wartezeiten, um proaktive Eskalationen zu ermöglichen.
  • Zentrale und auditierbare Kommunikationshistorie: Alle ein- und ausgehenden E-Mails, internen Kommentare und Telefonnotizen werden lückenlos und auditiert im Ticket gespeichert. Schluss mit der Suche in verschiedenen Outlook-Postfächern.

Der Game-Changer: Der KI-Coach für "Training-on-the-Job"

Moderne Systeme gehen noch einen Schritt weiter. Ein integrierter KI-Coach fungiert als intelligenter Assistent, der den Kontext jedes Klärfalls analysiert und Sachbearbeitern proaktiv die nächsten sinnvollen Schritte vorschlägt.

Dies ermöglicht einen völlig neuen Ansatz für die Einarbeitung: Über eine Chat-Schnittstelle erhalten Mitarbeiter direkten Zugriff auf das gesamte Regelwerk der Marktkommunikation und bekommen kontextbezogen passende Textbausteine oder Checklisten angezeigt. Dieser Ansatz des "Training-on-the-Job" führt zu messbaren Erfolgen:

  • Reduktion der Einarbeitungs- und Schulungszeit um bis zu 50 %.
  • Signifikante Steigerung der Erstlösungsquote.

Ihr nächster Schritt zur Exzellenz

Die Bewältigung der heutigen und zukünftigen Komplexität im Energiemarkt – von Redispatch 2.0 bis zum Rollout intelligenter Messsysteme – erfordert die richtige digitale Infrastruktur.

In unserem kostenlosen Whitepaper "Exzellenz – Bilaterale Klärung" erfahren Sie mehr. Entdecken Sie den idealtypischen 4-Phasen-Workflow für Klärfälle, erhalten Sie ein KPI-Dashboard zur Steuerung und lernen Sie, wie Sie ein solches System in vier Schritten erfolgreich implementieren.

Das Thema ist auch Teil der Podcast-Folge KI-gestützte Exzellenz in der Marktkommunikation der Energiewirtschaft.

Dieser Artikel ist Teil unseres Whitepapers: