Eine kuriose Verwechslung auf der Website der Monheimer Elektrizitäts- und Gas­versorgung GmbH, die vermutlich auf eine fehlerhafte Verlinkung bei Energate zurückgeht, lenkt die Aufmerksamkeit auf einen interessanten energiewirtschaftlichen Entwicklungsprozess: Die Evolution der Position der Bundesnetzagentur (BNetzA) zu Baukostenzuschüssen (BKZ) über mehr als ein Jahrzehnt.

Von der Zurückhaltung zur aktiven Steuerung

Das ursprüngliche Positionspapier der Beschlusskammer 6 aus dem Jahr 2009 und das aktuelle Papier der Beschlusskammer 8 von November 2024 offenbaren einen bemerkenswerten Wandel in der regulatorischen Herangehensweise. Während 2009 noch explizit festgehalten wurde: “Eine Verpflichtung zur Erhebung eines BKZ besteht nicht”, hat sich diese Position fundamental gewandelt. Die BNetzA geht nun davon aus, dass “ein effizienter Netzbetreiber mit Netzausbaubedarf BKZ gegenüber seinen Anschlusskunden diskriminierungsfrei und transparent erhebt.”

Die Renaissance der Finanzierungsfunktion

Besonders augenfällig ist der Perspektivwechsel bei der Bewertung der Finanzierungsfunktion von Baukostenzuschüssen. 2009 hieß es noch kategorisch: “Auch eine Finanzierungsfunktion des BKZ ist aus folgenden Gründen jedenfalls bei Stromnetzen nicht mehr anzuerkennen.” Die Begründung lag damals in der Annahme, dass die Kosten für Errichtung, Ausbau und Unterhaltung des Netzes grundsätzlich aus den Netznutzungsentgelten zu refinanzieren seien.

Das aktuelle Positionspapier vollzieht hier eine bemerkenswerte Kehrtwende. Die BNetzA erkennt nun ausdrücklich an, dass die Erhebung von BKZ “auch eine Finanzierungsfunktion” erfüllt und daher “in angemessenem Umfang von einem wirtschaftlich effizienten Netzbetreiber mit Ausbaubedarf in Anspruch zu nehmen” ist.

Präzisierung des Leistungspreismodells

Das Leistungspreismodell bleibt zwar als grundsätzlicher Berechnungsansatz erhalten, erfährt aber eine wichtige Weiterentwicklung. Während 2009 der bei Vertragsschluss geltende Leistungspreis maßgeblich war, führt das neue Positionspapier eine Glättung über fünf Jahre ein. Die neue Formel lautet: “BKZ = arithmetisches Mittel der Leistungspreise über 5 Jahre (>2.500 h/a) der Netzebene × bestellte Leistung”.

Diese Änderung reagiert auf die in den letzten Jahren beobachteten Schwankungen der Leistungspreise, die teilweise durch externe Eingriffe wie Bundeszuschüsse oder die EE-Netzkostenwälzung verursacht wurden.

Differenzierung als neue Dimension

Ein völlig neuer Aspekt im aktuellen Papier ist die Möglichkeit zur Differenzierung von BKZ, allerdings zunächst nur für Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). Die BNetzA eröffnet hier einen Weg zur wirkungsbezogenen Differenzierung, die sich an den Auswirkungen zusätzlicher Lasten auf Netzengpassmanagement und Netzausbaubedarf orientiert. Diese Öffnung wird jedoch mit klaren Grenzen versehen - mindestens 20% des Leistungspreises müssen als BKZ erhoben werden.

Treiber des Wandels

Die Evolution der BNetzA-Position spiegelt die massiven Veränderungen im deutschen Stromsystem wider. Die Energiewende mit ihrem enormen Netzausbaubedarf, die zunehmende Bedeutung des Engpassmanagements und die Notwendigkeit effizienter Netznutzung haben zu einer Neubewertung der Rolle von Baukostenzuschüssen geführt.

Bemerkenswert ist auch die gestiegene Bedeutung der Transparenz. Das neue Positionspapier fordert einen “transparenten Ausweis des vom jeweiligen Netzbetreiber erhobenen BKZ” und spezifiziert: “Dies hat kalenderjährlich im Voraus zu erfolgen.” Diese Konkretisierung unterstreicht das gewachsene Bewusstsein für die Bedeutung nachvollziehbarer Prozesse in der Energiewirtschaft.

tl;dr

Die vergleichende Analyse der beiden Positionspapiere zeigt eine bemerkenswerte Evolution des regulatorischen Ansatzes. Von einer eher zurückhaltenden Position hat sich die BNetzA zu einer aktiveren Steuerungsrolle entwickelt, die BKZ als wichtiges Instrument der Netzfinanzierung und -steuerung begreift. Diese Entwicklung erscheint angesichts der enormen Herausforderungen der Energiewende folgerichtig. Der ursprüngliche Fehler in der Verlinkung hat damit unbeabsichtigt den Blick auf einen spannenden regulatorischen Entwicklungsprozess gelenkt, der die Dynamik der Energiewende beispielhaft illustriert.