In der Energiewirtschaft spielen Direktvermarktung und Power Purchase Agreements (PPAs) eine zentrale Rolle, insbesondere für Betreiber erneuerbarer Energieanlagen. Doch trotz ihrer Vorteile stellen diese Vermarktungsformen Betreiber und Direktvermarkter vor erhebliche Herausforderungen, insbesondere wenn es um die präzise Vorhersage von Erzeugungsprofilen geht. Im Mittelpunkt steht hier die Pflicht, ein detailliertes Erzeugungsprofil – also eine Prognose der zu erwartenden Stromproduktion im 15-Minuten-Takt für den nächsten Tag – an den Netzbetreiber zu übermitteln. Doch warum ist dies ein Problem, insbesondere bei Eigenverbrauch und Überschusseinspeisung?
Die Bedeutung des Erzeugungsprofils in der Direktvermarktung
Direktvermarkter sind dazu verpflichtet, für jede Anlage ein Erzeugungsprofil an den Netzbetreiber zu senden, das die erwartete Stromproduktion für jede Viertelstunde des kommenden Tages abbildet. Diese Prognose dient dem Netzbetreiber zur Stabilisierung des Stromnetzes und hilft, Schwankungen im Netz auszugleichen. Fehler in dieser Prognose können hohe Ausgleichszahlungen oder Netzstabilitätsmaßnahmen zur Folge haben. Daher übernehmen Direktvermarkter die Haftung für Prognosefehler, was sie in eine prekäre Lage versetzt, wenn die Stromerzeugung nur schwer oder gar nicht exakt vorhersagbar ist.
Herausforderung 1: Eigenverbrauch und Stromspeicher
Ein entscheidender Knackpunkt entsteht, sobald die Energieanlage nicht ausschließlich Volleinspeisung macht, sondern auch für Eigenverbrauch genutzt wird. In diesen Fällen kann der Direktvermarkter die Energie, die in das Netz eingespeist wird, nur schwer abschätzen, da der Eigenverbrauch stark schwanken kann. Zusätzliche Komplexität entsteht, wenn ein Stromspeicher integriert ist, der die Energieproduktion puffert und so die Einspeisung ins Netz verändert. In vielen Fällen hat der Direktvermarkter keine Kontrolle über die Steuerung des Eigenverbrauchs und des Speichersystems – das bedeutet, er kann nur schwer eine genaue Vorhersage erstellen und muss dennoch die Haftung für Prognosefehler übernehmen.
Herausforderung 2: Überschusseinspeisung
Bei Anlagen, die Überschusseinspeisung betreiben, ist die Situation noch komplizierter. Bei dieser Betriebsart wird nur der Strom, der nicht für den Eigenverbrauch benötigt wird, ins Netz eingespeist und steht zur Direktvermarktung bereit. Um hier eine Prognose zu erstellen, genügt es nicht mehr, lediglich die technischen Daten und die zu erwartende Produktion der Erzeugungsanlage zu berücksichtigen. Der Direktvermarkter müsste auch den Eigenverbrauch exakt vorhersehen, was ihn vor eine große Herausforderung stellt, da dieser sowohl vom Strombedarf des Betreibers als auch von anderen Faktoren wie Wetterbedingungen und Verbrauchsgewohnheiten abhängt.
Die Unsicherheit durch die dynamische Nutzung vor Ort bedeutet, dass der Direktvermarkter ein erhebliches Risiko trägt und dennoch eine präzise Prognose liefern muss. Fehlerhafte Prognosen führen zu Abweichungen, die durch die Direktvermarktung kompensiert werden müssen, was erhebliche Kosten nach sich ziehen kann.
Lösungsansätze und zukünftige Entwicklungen
Die Lösung solcher Herausforderungen liegt einerseits in einer verbesserten Datenerfassung und andererseits in smarter Steuerungstechnologie. Ein Ansatz besteht darin, Erzeugungs- und Verbrauchsprofile enger zu koppeln und im Idealfall automatisiert an den Direktvermarkter zu übermitteln, etwa über intelligente Messsysteme und Echtzeit-Daten. Ebenso könnten Verträge angepasst werden, um die Risiken für den Direktvermarkter zu reduzieren, z.B. durch eine Risikoaufteilung bei Prognosefehlern oder durch den Einbau von Steuerungstechnik, die dem Direktvermarkter Zugriff auf den Stromspeicher gibt. Weiterhin könnten PPAs so gestaltet werden, dass sie flexible Produktionsmengen berücksichtigen und gezielte Anreize für genauere Prognosen setzen.
Der Bereich Direktvermarktung und PPAs steht also vor erheblichen Herausforderungen, doch mit den richtigen technologischen und vertraglichen Anpassungen lassen sich Lösungen entwickeln, die sowohl Anlagenbetreibern als auch Vermarktern mehr Planungssicherheit bieten.