Die Elektromobilität gewinnt zunehmend an Bedeutung, und mit ihr steigt auch die Nachfrage nach einer effizienten und nutzerfreundlichen Ladeinfrastruktur. Ein innovatives Konzept, das künftig das Laden an öffentlichen Ladesäulen revolutionieren könnte, ist das sogenannte Durchleitungsmodell. Dieses Modell ermöglicht es Nutzern von Elektrofahrzeugen, das Laden über den Vertrag ihres eigenen Stromanbieters abzurechnen. Doch was steckt hinter diesem Modell, und warum regt sich Widerstand in der Energiewirtschaft?
Was ist das Durchleitungsmodell?
Das Durchleitungsmodell sieht vor, dass Nutzer von Elektrofahrzeugen und Lkw an öffentlichen Ladesäulen ihren Strom über den Vertrag ihres eigenen Anbieters beziehen können. Dies bedeutet, dass der Stromlieferant des Nutzers direkt für die Abrechnung des Ladestroms verantwortlich ist. Der Betreiber der Ladeinfrastruktur stellt lediglich die Ladesäule zur Verfügung und erhebt dafür ein Infrastrukturentgelt sowie die Netzentgelte, Umlagen und Abgaben. Der vereinbarte Ladestrompreis wird dann direkt zwischen dem Kunden und seinem Stromlieferanten abgerechnet.
Vorteile des Durchleitungsmodells
Das Durchleitungsmodell bietet mehrere Vorteile:
- Preistransparenz: Durch die direkte Abrechnung über den eigenen Stromanbieter haben Nutzer eine klare Übersicht über die Kosten des Ladestroms.
- Wettbewerb: Das Modell fördert den Wettbewerb zwischen Stromanbietern, da Nutzer ihren Stromlieferanten frei wählen können.
- Einfachheit: Das Laden wird vereinfacht, da keine zusätzlichen Verträge mit Ladesäulenbetreibern notwendig sind.
Kritik und Widerstand
Trotz der Vorteile regt sich Widerstand in der Energiewirtschaft gegen das Durchleitungsmodell. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) bereitet eine Stellungnahme an das Bundesverkehrsministerium vor, in der er Bedenken äußert. Laut einem Bericht des Spiegels befürchtet der BDEW, dass das neue Abrechnungsmodell nicht reibungslos funktionieren könnte und die Inbetriebnahme der Ladeinfrastruktur verzögern würde. Zudem sei nicht sicher, ob das Modell zu günstigeren Ladestrompreisen führen würde.
Auch Kristin Kahl vom Logistikunternehmen Contargo äußerte Bedenken. Sie betonte, dass die Ladeinfrastrukturkosten im Durchleitungsmodell nicht im reinen Arbeitspreis enthalten seien und somit zusätzliche Kosten für die Nutzer entstehen könnten. (Golem.de)
Erfolgreiche Umsetzung und Zukunftsaussichten
Trotz der Kritik gibt es auch positive Stimmen. Knut Hechtfischer, Mitgründer der Firma Decarbon1ze, die Software für das Durchleitungsmodell entwickelt, betont, dass das Modell reibungslos funktioniert und genügend Zeit bleibt, etwaige Details auszubügeln. Auch der Stromlieferant Lichtblick bestätigt, dass das Modell seit Ende November 2024 in Zusammenarbeit mit Decarbon1ze im Regelbetrieb verfügbar ist.
Die Grundlage für das Durchleitungsmodell bilden die Netzzugangsregeln zur Ermöglichung einer ladevorgangscharfen bilanziellen Energiemengenzuordnung für Elektromobilität (NZR-EMob) der Bundesnetzagentur, die bereits 2021 in Kraft getreten sind. Diese Regeln ermöglichen die Nutzung virtueller Bilanzkreise, die eine genaue Zuordnung der geladenen Strommengen zu den jeweiligen Stromlieferanten gewährleisten.
tl;dr
Das Durchleitungsmodell hat das Potenzial, das Laden an öffentlichen Ladesäulen zu revolutionieren. Es bietet mehr Transparenz, fördert den Wettbewerb und vereinfacht den Ladevorgang. Trotz der Kritik aus der Energiewirtschaft zeigen erste erfolgreiche Umsetzungen, dass das Modell funktioniert und zukünftig eine wichtige Rolle in der Elektromobilität spielen könnte. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Modell weiterentwickeln wird und ob es sich gegen den Widerstand durchsetzen kann.
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