In Zeiten, in denen die Börsenstrompreise zwischen den Extremen von „negativ“ und „astronomisch hoch“ schwanken, stellt sich eine durchaus sarkastisch gemeinte, aber mathematisch interessante Frage: Ab welchem Börsenstrompreis könnte ein Notstromaggregat tatsächlich eine sinnvolle Alternative sein? Gemeint ist dabei kein Backup im Katastrophenfall, sondern der potenzielle Einsatz eines Diesel- oder Benzinaggregats als wirtschaftliche Lösung für den Strombezug.
Schauen wir uns die grundlegenden Parameter an:
- Brennstoffkosten: Diesel oder Benzin kosten derzeit etwa 1,65 € pro Liter.
- Wirkungsgrad: Typische Notstromaggregate liegen bei einem bescheidenen Wirkungsgrad von 25 %, d. h., nur ein Viertel der im Treibstoff enthaltenen Energie wird tatsächlich in elektrische Energie umgewandelt.
- Energiedichte von Kraftstoffen: Diesel und Benzin haben eine Energiedichte von rund 10 kWh pro Liter, was bedeutet, dass bei 25 % Wirkungsgrad lediglich 2,5 kWh pro Liter als Strom nutzbar sind.
Die Rechnung: Was kostet eine kWh aus dem Aggregat?
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Kraftstoffverbrauch pro kWh:
Da ein Liter Treibstoff 2,5 kWh Strom liefert, benötigen wir für eine Kilowattstunde Strom genau 0,4 Liter Treibstoff. -
Kosten pro kWh:
Multiplizieren wir die 0,4 Liter mit dem Literpreis von 1,65 €, ergeben sich 0,66 € pro kWh.
Das bedeutet, dass ein Notstromaggregat unter den genannten Bedingungen Strom für 66 Cent pro kWh produziert – zuzüglich der Kosten für Wartung, Abnutzung und Emissionen, die wir der Einfachheit halber ignorieren.
Börsenstrompreise im Vergleich
Auf dem Großhandelsmarkt variieren die Strompreise stark, typischerweise im Bereich von 0 bis 95 Cent pro kWh, mit gelegentlichen Spitzen von über einem Euro bei Engpässen. Selbst bei einem Börsenstrompreis von 50 Cent pro kWh liegt das Aggregat also bereits deutlich darüber. Erst bei Preisen über 66 Cent (…wie letzte Woche..) wird der Treibstoffgenerator rein ökonomisch betrachtet zur Alternative – unter der Bedingung, dass Umweltkosten oder langfristige Schäden am Image nicht einberechnet werden.
Eine provokante Perspektive
Das wirft die Frage auf: Gibt es realistische Szenarien, in denen ein Notstromaggregat eine echte Option darstellt? Hier könnte der Einsatz in besonderen Märkten wie der Spitzenlastversorgung oder in Ländern mit extrem volatilen Netzpreisen denkbar sein. Aber im europäischen Strommarkt bleibt der Einsatz eines Aggregats bei aktuellen Kraftstoffpreisen eher eine intellektuelle Spielerei – oder eine Einladung, die Börsenstrompreise kritischer zu hinterfragen.
Denn wenn sich jemand ernsthaft Gedanken macht, ob ein Benzinaggregat die günstigere Wahl sein könnte, haben wir entweder ein Problem mit der Strommarktdynamik oder dem Preisniveau für fossile Brennstoffe.
tl;dr - Alles nur Theorie…
Notstromaggregate mögen in der Theorie interessant sein, aber praktisch bleiben sie für den regulären Einsatz ein Nischenprodukt – zumindest, bis die Börsenstrompreise dauerhaft auf ein solches Niveau steigen, dass der Klimawandel plötzlich wie ein günstiger Nebeneffekt erscheint. Ironie beiseite: Vielleicht sollten wir eher darüber nachdenken, wie wir die erneuerbaren Energien und Speichersysteme so voranbringen, dass sich solche Fragen gar nicht erst stellen.
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