Ein Kommentar zur Investitionsentscheidung der Stadtwerke Engen

Die aktuelle Meldung der Stadtwerke Engen im Südkurier zeigt ein Problem auf, das für viele Städte und Gemeinden in Deutschland ebenso Realität ist: Trotz günstiger Preise für Photovoltaik-Anlagen und steigender Nachfrage, ist das lokale Stromnetz am Limit. Besitzer neuer PV-Anlagen in Engen müssen daher Geduld aufbringen – die Netzkapazität lässt es momentan schlicht nicht zu, ihren erzeugten Strom aufzunehmen. Doch warum ist das so? Und warum steigen die Strompreise in Zeiten wachsender dezentraler Erzeugung weiter?

Engpässe im Netz trotz Solarboom – warum das notwendig ist

Es klingt paradox: Immer mehr Menschen investieren in erneuerbare Energien, und dennoch muss das lokale Stromnetz massiv ausgebaut werden. In Engen stehen dafür satte sieben Millionen Euro an, verteilt über die kommenden drei Jahre. Diese Investition ist dringend notwendig, wie Thomas Freund, Chef der Stadtwerke, betont. Denn das lokale Netz, das aus dem Mittelspannungsnetz und dem untergeordneten Niederspannungsnetz besteht, ist schlicht überlastet. Damit der erzeugte Strom ins übergeordnete Netz fließen kann, braucht es Infrastruktur, die den rasanten Ausbau von dezentralen Anlagen überhaupt erst ermöglicht.

Die Engener Stadtwerke stehen mit diesem Problem nicht allein da. Die Herausforderungen im Stromnetz betreffen viele Kommunen und Stadtwerke, insbesondere in ländlichen Gegenden und kleinen Städten, die lange Zeit stabile, aber wenig flexible Netzstrukturen betrieben haben. Durch den Solarboom kommen diese nun zunehmend an ihre Grenzen. So wird das eigentliche Ziel der Energiewende – eine dezentrale und nachhaltige Stromversorgung – durch die fehlende Netzinfrastruktur erschwert.

Wer bezahlt den Ausbau?

Das große Dilemma für Stadtwerke wie die in Engen ist jedoch: Die Millioneninvestitionen müssen irgendwie finanziert werden. In den meisten Fällen bedeutet das, dass die Bürger, die über die Stadtwerke ihre Energie beziehen, die Kosten mittragen müssen – in Form von steigenden Strompreisen. Stadtwerke sind meist in öffentlicher Hand und haben eine klare Bindung an die lokale Bevölkerung und Infrastruktur. Sie haben eine Verantwortung, die über den reinen Gewinn hinausgeht, und können nicht wie große Energiediscounter in ganz Deutschland agieren und skalieren.

Blick über den Tellerrand – und die Problematik der Neiddebatte

Doch während lokale Stadtwerke weiterhin am Netzausbau arbeiten, sind bundesweit operierende Stromdiscounter längst auf dem Markt, die den Eindruck erwecken, dass Strom überall billig und grenzenlos verfügbar sein müsste. Diese Diskrepanz sorgt oft für Missverständnisse und Neid. Warum können Discounter günstigeren Strom anbieten, während die lokalen Preise steigen?

Ein Faktor ist sicherlich die unterschiedliche Rolle von Stadtwerken und großen Stromanbietern. Stadtwerke sind in die Infrastruktur und die Versorgungssicherheit vor Ort investiert – sie bauen, reparieren und erweitern Netze, was immense Kosten verursacht. Discounter hingegen nutzen das bestehende Netz, oft ohne direkt zur Netzinstandhaltung vor Ort beizutragen. Diese unterschiedlichen Aufgaben führen dazu, dass Stadtwerke unter einem starken Kostendruck stehen, der sich in den Strompreisen widerspiegelt.

Die lokale Verantwortung und die Zukunft der Stadtwerke

Der Ausbau in Engen zeigt also eines sehr deutlich: Stadtwerke leisten mehr als nur die Stromlieferung. Sie sind verantwortlich für die Infrastruktur, die Versorgungssicherheit und die lokale Energiewende. Diese Verantwortung ist mit hohen Kosten verbunden, die auf die lokale Gemeinschaft umgelegt werden. Eine langfristige Lösung, die sowohl Netzstabilität als auch faire Preise garantiert, bleibt eine Herausforderung – nicht nur in Engen, sondern deutschlandweit.

Letztlich geht es darum, dass die Energiewende nur dann funktioniert, wenn sowohl die Stromerzeugung als auch das Netz modernisiert werden. Nur dann können lokale Stadtwerke den Anforderungen der dezentralen Energieversorgung gerecht werden und die Eigenheimbesitzer von Photovoltaikanlagen ihren erzeugten Strom ins Netz einspeisen. Die Investition der Stadtwerke Engen mag teuer erscheinen, ist jedoch ein notwendiger Schritt, um die Netzstabilität und die Weiterentwicklung der regionalen Energieversorgung zu sichern.

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