Strom ist Strom, oder? Nicht ganz. Während jede Kilowattstunde (kWh) die gleiche Menge an Energie darstellt, ist ihr Wert – und damit ihr Preis – stark von ihrer Nutzung abhängig. Besonders deutlich wird diese Unterscheidung, wenn man den Stromverbrauch verschiedener Geräte im Haushalt vergleicht.
Nehmen wir den Kühlschrank und die Türklingel. Beide laufen rund um die Uhr und sichern grundlegende Funktionen in unserem Alltag. Dieser Strom hat einen hohen Wert, da er unseren Lebenskomfort und unsere Sicherheit gewährleistet. Stellen Sie sich vor, der Kühlschrank fällt im Hochsommer aus oder die Türklingel funktioniert nicht, wenn ein wichtiger Besuch erwartet wird. Ein Ausfall hätte unmittelbare, spürbare Konsequenzen.
Ganz anders sieht es bei flexiblen Verbrauchern wie Elektroautos oder Wärmepumpen aus. Diese Geräte können ihren Strombedarf intelligent steuern und sogar für einige Stunden abgeschaltet werden, ohne dass der Komfort wesentlich darunter leidet. Das Laden des Autos kann verschoben werden. Die Wärmepumpe kann für einige Stunden pausieren, bevor die Raumtemperatur merklich sinkt. Diese Flexibilität macht den Strom, den diese Geräte verbrauchen, weniger “wertvoll” im Sinne der unmittelbaren Notwendigkeit.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass flexible Verbraucher als Erste von den Ersparnissen der Energiewende profitieren. Dynamische Stromtarife belohnen die Verschiebbarkeit des Verbrauchs und bieten günstigere Preise in Zeiten hoher erneuerbarer Energieproduktion. Das ist gut für die Netzstabilität und für die Geldbörse der Besitzer von E-Autos und Wärmepumpen.
Das Problem: Nicht jeder Haushalt verfügt über solche flexiblen Verbraucher. Wer in der Stadt wohnt, ein gut gedämmtes Haus hat und öffentliche Verkehrsmittel nutzt, hat vielleicht kein E-Auto und benötigt keine Wärmepumpe. Ökologisch vorbildlich, aber bei der Stromrechnung noch immer im Nachteil. Die Ersparnisse, die durch die Energiepolitik ermöglicht werden, kommen also nicht allen Bürgern gleichermaßen zugute. Im Gegenteil: Wer seinen Energieverbrauch bereits reduziert hat und auf flexible Verbraucher verzichtet, wird durch die herkömmliche Strompreisgestaltung quasi “bestraft”.
Diese Ungerechtigkeit muss angegangen werden. Es braucht neue Tarifmodelle, die den Wert des Stroms differenzierter betrachten und die Bedürfnisse aller Verbraucher berücksichtigen – unabhängig davon, ob sie ein Elektroauto besitzen oder nicht. Nur so kann die Energiewende zu einer wirklich fairen und für alle tragbaren Transformation werden.