Die Diskussion um die Netzentgelte spitzt sich zu, und der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) steht im Zentrum des Geschehens. Beim jüngsten Industriegipfel wurde erneut die Forderung nach staatlichen Zuschüssen zu den Übertragungsnetzentgelten laut. Doch werfen wir einen genaueren Blick auf die Argumente und die dahinterliegenden Interessen.

Die Krux mit den Netzentgelten

Seit 2022 haben sich die Netzentgelte für Industriekunden nahezu verdoppelt. Der Hauptgrund dafür sind die hohen Kosten für das Engpassmanagement, die jedoch nicht originär aus den Netzkosten resultieren, sondern vielmehr eine Übergangslösung während der Transformation des Energiesystems darstellen. Hier wird deutlich, dass die Industrie selbst einer der Hauptverursacher für die Notwendigkeit des Engpassmanagements ist.

Die Rolle der Industrie

Würde die Industrie ihren Strom zu ähnlichen Bedingungen beschaffen wie Privathaushalte oder gemeinnützige Organisationen, sähe die Situation anders aus. Statt auf negative Börsenstrompreise zu setzen, könnten sie verstärkt auf günstige Offshore-Windkraft zurückgreifen. Dies würde nicht nur die Netzentgelte stabilisieren, sondern auch den Druck auf das Netz verringern. Genau solche Handelstransaktionen tragen jedoch dazu bei, dass die Netzentgelte für alle steigen.

Variable Netzentgelte als Lösung?

Variable Netzentgelte könnten hier Abhilfe schaffen. Kleine Stromkunden haben bereits begonnen, durch ihre flexiblen Möglichkeiten zu sparen. Doch die Industrie, die in den letzten Jahrzehnten von günstigen Strompreisen profitiert hat, steht nun vor der Herausforderung, in die Energiewende und den Ausbau der Erzeugung zu investieren. Die Netzentgelte werden zukünftig ein entscheidender Faktor für den Standortvorteil oder -nachteil von Regionen sein.

Politik und Lobbyismus

Der BDEW macht hier einen Schulterschluss mit der Wirtschaft, und das in einer Zeit, in der der Wahlkampf für die Bundestagswahlen in vollem Gange ist. Die Fokussierung auf Wirtschaftspolitik lässt soziale Gerechtigkeit und ökologische Grundsätze oft in den Hintergrund treten. Doch gerade diese Aspekte sind untrennbar mit der Diskussion um Netzentgelte verbunden.

tl;dr

Die Netzentgelte sind ein komplexes Thema, das weit über die reine Kostenfrage hinausgeht. Es geht um die Zukunft unserer Energieversorgung, um soziale Gerechtigkeit und um ökologische Nachhaltigkeit. Der BDEW und die Industrie müssen hier gemeinsam mit der Politik Lösungen finden, die nicht nur wirtschaftlich, sondern auch gesellschaftlich und ökologisch tragfähig sind. Nur so kann Deutschland seinen Weg in eine klimaneutrale Zukunft erfolgreich fortsetzen.

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