Das Gutachten des Forum Ökologisch Soziale Marktwirtschaft e.V., das im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbands e.V. erstellt wurde, untersucht die Verbraucherfreundlichkeit dynamischer und variabler Stromtarife in Deutschland. Diese Tarifmodelle orientieren sich an den Preisschwankungen auf dem Strommarkt und bieten potenziell Kostenvorteile für Verbraucher:innen, die ihren Verbrauch flexibel anpassen können, zum Beispiel durch Elektrofahrzeuge oder Wärmepumpen.
Hauptvorteile und Herausforderungen dynamischer und variabler Tarife
Dynamische Tarife können Verbrauchern helfen, ihre Kosten zu senken, indem sie den Stromverbrauch in Zeiten niedriger Marktpreise verlagern. Ein Vorteil dieser Tarife ist ihre Flexibilität: Je höher der Verbrauch und die Flexibilität, desto größer das Einsparpotenzial. Haushalte mit begrenzter Flexibilität (z. B. ohne Elektroauto) können jedoch nur begrenzte Vorteile daraus ziehen und haben weniger Kontrolle über ihre Stromkosten. Monatlich variable Tarife hingegen bieten eine regelmäßige Anpassung, die jedoch nicht die kurzfristigen Preisschwankungen widerspiegelt und weniger flexibel als stündlich-dynamische Tarife ist.
Probleme der Preisbildung und fehlende Transparenz
Das Gutachten kritisiert, dass die Preisbildungsmechanismen für Verbraucher:innen oft intransparent sind. Unterschiedliche Anbieter erheben verschiedene Aufschläge und Gebühren, was es schwierig macht, die tatsächlichen Kosten zu verstehen und zu vergleichen. Dies wird durch die Art und Weise verstärkt, wie die Tarife die Stromkosten basierend auf Spotmarktpreisen festlegen, ohne dabei Standortvorteile und -nachteile der Energieerzeugung einzubeziehen.
Fehlender Standortfaktor und Netzkosten
Eine wesentliche Kritik im Gutachten betrifft die fehlende Berücksichtigung des Standortfaktors: Die bisherigen dynamischen und variablen Tarife berücksichtigen nicht, dass Strom, der weit vom Verbraucher erzeugt wird, höhere Kosten für den Netzausbau verursacht. Ein dynamischer Tarif könnte hier angepasst werden, indem Netzentgelte abhängig von der Distanz zur Erzeugungsquelle variieren. Dieser Ansatz könnte dazu beitragen, den Strombedarf und die Stromerzeugung lokal auszugleichen und so das Gesamtsystem zu entlasten.
Empfohlene Maßnahmen
Das Gutachten schlägt eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Verbraucherfreundlichkeit vor:
- Standardisierte Informationspflichten: Anbieter sollten klar darlegen, wie sich die Preise zusammensetzen, welche Aufschläge erhoben werden und welche Preisrisiken bestehen.
- Optimierung von Vergleichsportalen: Vergleichsplattformen sollten angepasst werden, um die Volatilität der Preise besser darzustellen und realistischere Kostenprognosen für dynamische Tarife zu bieten.
- Preisgarantien und Schutzmechanismen: Um Verbraucher:innen vor extremen Preisschwankungen zu schützen, könnten Preissicherungsmechanismen eingeführt werden.
- Förderung der Energiekompetenz: Verbraucher:innen benötigen ein besseres Verständnis für den Umgang mit flexiblen Tarifen und die Anpassung ihres Verbrauchsverhaltens.
- Smart Meter Rollout: Die flächendeckende Einführung von Smart Metern ist notwendig, um den Verbrauch in Echtzeit zu messen und dynamische Tarife voll auszuschöpfen.
tl;dr
Dynamische und variable Tarife bieten zwar Einsparpotenziale, erfordern jedoch eine transparente Preisgestaltung und Berücksichtigung des Standortfaktors, um wirklich verbraucherfreundlich zu sein. Eine stärkere Berücksichtigung des Standorts könnte dazu beitragen, den Netzausbau zu reduzieren und die Systemeffizienz zu steigern. Dies würde sowohl die Energiekosten senken als auch die Akzeptanz dynamischer Tarife bei den Verbraucher:innen fördern.