In der jüngsten Diskussion rund um die Energierecht-Novelle des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) wird wieder einmal die Komplexität und Dynamik des deutschen Energierechts sichtbar. Die Stellungnahmen von Verbänden wie dem Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) und dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) unterstreichen sowohl Chancen als auch erhebliche Herausforderungen, die diese Novelle mit sich bringt. Der Versuch, ein modernes, flexibles und digitales Energierecht zu etablieren, zeigt sich in einem umfangreichen, fast 900 Seiten umfassenden Konsultationspapier – ein Zeichen dafür, wie schwer es fällt, alle Interessen in der Energiebranche zu berücksichtigen.

Flexibilisierung und Teilhabe an Flexibilitätsmärkten

Ein Hauptthema in den Diskussionen ist die Flexibilisierung im Netzbetrieb und die Teilnahme von Anlagenbetreibern an Flexibilitätsmärkten. Maßnahmen wie das Pauschalmodell für PV-Anlagen bis 30 kW und flexible Netzanschlussvereinbarungen werden vom bne positiv aufgenommen. Diese Schritte könnten die Vermarktung kleinerer PV-Anlagen und die Integration von Speichern deutlich erleichtern, da sie zum Beispiel die Unterscheidung von „grünem“ und „grauem“ Strom bei Heimspeichern vermeiden. Anlagenbetreiber könnten dadurch in Spitzenzeiten systemdienlich agieren, was für die Netzstabilität entscheidend ist.

Digitalisierung im Rückschritt? – Kritik an den Regelungen im Messstellenbetriebsgesetz

Dennoch gibt es auch klare Kritik, insbesondere bei der Digitalisierung. Hier betont der bne, dass die im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) verankerten Regelungen sogar einen Rückschritt darstellen könnten, da sie die dringend notwendige wettbewerbliche Digitalisierung bremsen. Die geforderte Einführung eines „Smart Meter Light“ soll genau dieser Problematik entgegenwirken, indem es kostengünstig und auf das Wesentliche fokussiert Messdaten liefert. Dies könnte einen Kompromiss darstellen, der den Rollout von Smart Metern beschleunigt und gleichzeitig die Kosten für Anlagenbetreiber niedrig hält.

Bürokratiemonster statt Marktfreiheit?

Auch der BDEW hebt positive Elemente hervor, wie die Maßnahmen zur Sicherung der Systemstabilität und die Flexibilisierung von Netzanschlüssen. Aber er warnt zugleich vor einem „Bürokratiemonster“, das durch tiefgreifende Detailregelungen erschaffen werde. Die Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften liege in diesem Entwurf größtenteils bei den Netzbetreibern, was aus Sicht des BDEW kaum umsetzbar sei und den Verwaltungsaufwand unnötig in die Höhe treibe.

Verpasste Chance zur Vereinfachung?

Diese tiefgehenden Regulierungen lenken den Blick auf eine grundsätzliche Problematik: Die deutsche Energiewende wird mehr und mehr von einem dichten Geflecht an Verordnungen begleitet, das Innovationen verlangsamt und die Flexibilität der Marktteilnehmer einschränkt. Gerade die Herausgeber der Meldung, die einerseits Kritik an der Regelungsdichte äußern, tragen durch ihre langjährigen Forderungen zur Absicherung ihrer Interessen auch zur zunehmenden Komplexität bei.

Enger Zeitrahmen für Verbändestellungnahmen – Ein weiteres Hindernis?

Die sehr kurze Frist zur Stellungnahme – laut BDEW nur zwei Tage – sorgt zusätzlich für Frustration. Ein Gesetzesentwurf von fast 300 Seiten, der so wenig Diskussionszeit bekommt, lässt Zweifel daran aufkommen, ob die Interessen der Marktteilnehmer wirklich in die Gestaltung des Energierechts einfließen sollen. Hier zeigt sich die Notwendigkeit, Entscheidungsprozesse transparenter und weniger bürokratisch zu gestalten, um den Praxistransfer der Regelungen nicht zu behindern.

Fazit: Ein Balanceakt zwischen Regelungstiefe und Flexibilität

Es wird spannend sein zu sehen, ob und wie das BMWK auf die teils deutliche Kritik der Verbände eingeht. Die Energierechts-Novelle birgt großes Potenzial für die Energiewende – doch nur, wenn sie den Beteiligten Raum für innovative, flexible und kosteneffiziente Lösungen bietet. Der wachsende bürokratische Aufwand und die Intransparenz könnten diesen Wandel jedoch deutlich erschweren.

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