In einem kürzlich erschienenen Artikel der Wirtschaftswoche schrieb Sören Imöhl treffend: „Kunden mit einem dynamischen Stromtarif können gerade dann von niedrigeren Strompreisen profitieren, wenn die Nachfrage gering ist oder erneuerbare Energien reichlich verfügbar sind, was typischerweise in Zeiten mit geringer Nutzung oder einem hohen Angebot der Fall ist.“ 1

Auf den ersten Blick klingt das nach einer Win-Win-Situation: Günstiger Strom für den Verbraucher und eine Förderung der Energiewende. Doch ist es wirklich so einfach? Oft wird das Vorhandensein von reichlich erneuerbarem Strom als grünes Argument ins Feld geführt – schließlich könnten Wind und Sonne unseren Bedarf nahezu kostenfrei decken, oder?

Strom auch dann nutzen, wenn der Wind schwächer weht

Hand aufs Herz: Wir benötigen Strom, auch wenn der Wind mal schwächer weht oder die Sonne nicht scheint. In diesen Momenten steigen die Preise, und es ist völlig in Ordnung, wenn Windräder und Solaranlagen auch einmal eine Pause einlegen. Doch hier kommt ein wichtiger Punkt ins Spiel: Was passiert, wenn diese Anlagen Strom produzieren, aber die Nachfrage gerade gering ist? Oft werden sie in solchen Situationen zwangsabgeregelt, also abgeschaltet, weil keine Abnehmer in der Region vorhanden sind.

Anstatt Anlagen stillzulegen, sollten wir flexibel agieren und Verbrauch und Erzeugung besser aufeinander abstimmen. Wenn ein lokaler Abnehmer verfügbar ist, sollte die Energie weiter genutzt werden. Hier setzt das Konzept der Flexibilität an.

Das Dilemma der Abregelung

Im Energonos Manifest der Strommarktthesen wird in These 2 betont, dass die steigende Zahl von Eingriffen in den Strommarkt durch Redispatch-Maßnahmen (also das Abregeln von Erzeugern) ohne eine bessere lokale Einsatzplanung von Flexibilitätsoptionen zu höheren volkswirtschaftlichen Kosten führt. Das bedeutet: Je häufiger wir Strom nicht nutzen, der ohnehin produziert wird, desto teurer wird unsere Energieversorgung für uns alle.

Greenwashing an der Strombörse?

Es ist an der Zeit, dass das Greenwashing an der Strombörse ein Ende findet. Die aktuellen Mechanismen stellen oft nicht den realen, regionalen Wert von erneuerbaren Energien dar. Viel zu oft werden Strompreise zentral festgelegt, ohne die regional unterschiedlichen Kosten der Stromlogistik zu berücksichtigen. Dies führt dazu, dass der Strompreis zwar für alle gleich aussieht, aber die tatsächlichen Kosten variieren.

Eine Lösung für dieses Problem findet sich ebenfalls im Energonos Papier: These 6 fordert, dass Strompreise nicht mehr zentral festgelegt werden, sondern regionale Unterschiede in den Kosten der Stromlogistik berücksichtigt werden. Effizienter und gerechter könnte dies mit dem GrünstromIndex umgesetzt werden.