Was die Energiewirtschaft daraus lernen kann
Diese Woche war es wieder so weit: Die sogenannte Dunkelflaute hat zugeschlagen. Kein Wind, kaum Sonne – in ganz Deutschland stagnierte die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien. Die Folge: Strompreise schnellten in die Höhe, und der Strommarkt zeigte einmal mehr seine Schwachstellen.
Dabei hört man von Energiewende-Gegnern schnell die Angst vor einem Blackout. Aber so weit kam es glücklicherweise nicht. Deutschland verfügt derzeit über genügend andere regenerative Reservekapazitäten, die einspringen können, wenn diese erneuerbare Energien ausfallen. Doch langfristig kann dies keine Lösung sein, vor allem wenn wir die Klimaziele und die Unabhängigkeit von fossilen Energieträgern ernst nehmen.
Strompreise als Signal – oder auch nicht?
Ein dynamischer Stromtarif sollte eigentlich als Signal dienen: Wenn Strom knapp und teuer ist, fahren Verbraucher*innen den Verbrauch zurück. Doch in der Realität ist das oft nur Theorie. Ein privater Haushalt kann seinen Energiebedarf schließlich nicht einfach verschieben, nur weil der Preis gerade explodiert ist. Das Smartphone will geladen werden, und die Wärmepumpe soll den Haushalt beheizen, wenn die Außentemperaturen sinken. Es wird viel über Lastmanagement und flexible Tarife gesprochen, aber im Alltag zeigt sich, dass diese Konzepte nur bedingt für die breite Masse umsetzbar sind.
„Energie-Management-Systeme“ als Geschäft – für wen?
Manch Anbieter verkauft Leseköpfe für den Stromzähler oder Energie-Management-Systeme, die angeblich die Haushalte besser durch solche Preiswellen navigieren sollen. In der Praxis bedeutet dies oft, dass der private Endverbraucher lediglich nachvollziehen kann, dass er zu Spitzenpreisen geladen oder geheizt hat – bezahlen muss er dennoch. Für Anbieter solcher Technologien eine lukrative Gelegenheit, für Verbraucher*innen oft nur eine weitere Belastung.
Zeit für regionale und ereignisvariable Stromtarife
Was das Beispiel dieser Dunkelflaute zeigt, ist, dass wir dringend flexiblere Stromtarifmodelle brauchen, die auf regionale Besonderheiten und die momentane Verfügbarkeit von Energiequellen eingehen. Es gibt Regionen in Deutschland, die – auch wenn der Wind und die Sonne ausbleiben – durch Wasserkraftwerke oder Blockheizkraftwerke in der Lage sind, stabilen und günstigeren Strom zu liefern. Ein dynamisches Preismodell, das solche regionalen Unterschiede berücksichtigt, könnte helfen, diese Vorteile zu verteilen.
Gerade in Zeiten hoher Preise könnte ein solches System einen echten Anreiz schaffen, denn es würde nicht nur den Verbraucher entlasten, sondern auch die Energiewende unterstützen, indem es lokal verfügbare, erneuerbare Energiequellen stärker integriert.
Ein Ausblick: Vom Energie-Überfluss zur echten Verteilungsgerechtigkeit
Solche Dunkelflauten werden uns auch in Zukunft begleiten. Mit dem Ausbau von erneuerbaren Energien wird Deutschland lernen müssen, wie man mit schwankender Stromproduktion umgeht. Die Lösung? Ein modernes Stromnetz, das auf regionale und zeitlich angepasste Tarife setzt und eine gerechte Verteilung von Stromangebot und -nachfrage ermöglicht.
In einer Welt, in der Strompreise für Endverbraucher*innen die tatsächliche Versorgungssituation widerspiegeln, würden diese deutlich stärker auf Schwankungen reagieren. Das würde zwar die Technologieanbieter fordern – aber auch eine verlässliche, bezahlbare Energieversorgung fördern. Nur so kann die Energiewende wirklich gelingen.
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