1. Einführung
Die Energiewende verändert den deutschen Strommarkt grundlegend. Besonders deutlich zeigt sich dies an der zunehmenden Volatilität der Strompreise an den Großhandelsmärkten. Während Stromkunden bisher gewohnt waren, über längere Zeiträume konstante Preise zu zahlen, ermöglichen heute neue regulatorische Rahmenbedingungen und technische Entwicklungen die direkte Weitergabe von Börsenpreisen an Verbraucher. Diese Transformation stellt sowohl Energieversorger als auch Verbraucher vor neue Herausforderungen bei der Optimierung ihrer Strombeschaffung und ihres Verbrauchsverhaltens.
Der wirtschaftliche Mehrwert einer detaillierten Analyse dieser Entwicklung ergibt sich aus verschiedenen Perspektiven. Energieversorger stehen vor der Aufgabe, ihre Beschaffungsstrategien anzupassen und Preisrisiken zu minimieren. Gleichzeitig eröffnen sich Möglichkeiten für innovative Tarifmodelle und eine präzisere Kundensegmentierung. Für Endverbraucher geht es um fundierte Entscheidungen zwischen verschiedenen Tarifalternativen und die Realisierung potenzieller Kosteneinsparungen durch ein besseres Verständnis des eigenen Verbrauchsverhaltens. In diesem Umfeld etablieren sich zudem Energie Service Anbieter als neue Marktteilnehmer, die durch datenbasierte Dienstleistungen und automatisierte Tarifoptimierung einen Mehrwert für ihre Kunden schaffen.
Diese Studie verfolgt das Ziel, die Auswirkungen verschiedener Beschaffungsstrategien auf die Energiekosten systematisch zu untersuchen. Im Fokus steht dabei die Berechnung realer Kostendifferenzen zwischen verschiedenen Beschaffungsstrategien und die Ermittlung statistisch signifikanter Verbrauchsmuster. Durch die Entwicklung eines standardisierten Analyseverfahrens und die Integration von Echtzeitdaten mit historischen Preisen schaffen wir reproduzierbare Bewertungskriterien für die Energiewirtschaft.
Der methodische Ansatz basiert auf dem Energy Application Framework der STROMDAO GmbH und folgt einem mehrstufigen analytischen Prozess. In der ersten Phase erfolgt eine umfassende Datenerfassung und -aufbereitung, bei der reale Lastprofile von Testkunden mit EPEX Spot Preisdaten kombiniert werden. Das Framework ermöglicht die Implementierung skalierbarer Berechnungsalgorithmen und die Entwicklung statistischer Auswertungsroutinen. In einer Simulationsumgebung werden verschiedene Beschaffungsszenarien modelliert und Sensitivitätsanalysen durchgeführt. Die Validierung der Ergebnisse erfolgt durch Kreuzvalidierung mit realen Abrechnungsdaten und statistische Signifikanzprüfungen.
Die praktische Relevanz dieser Untersuchung zeigt sich in der Ableitung konkreter Handlungsempfehlungen für verschiedene Marktteilnehmer. Energieversorger erhalten Entscheidungsgrundlagen für die Entwicklung neuer Tarifmodelle und die Optimierung ihrer Beschaffungsstrategien. Verbraucher profitieren von einer transparenten Bewertung verschiedener Tarifoptionen. Energie Service Anbieter können die Erkenntnisse nutzen, um ihre Dienstleistungen weiterzuentwickeln und Automatisierungspotenziale zu erschließen.
In den folgenden Kapiteln werden zunächst die grundlegenden Begriffe und Zusammenhänge erläutert, bevor die detaillierte Analyse der verschiedenen Lastprofile und ihrer Auswirkungen auf die Beschaffungskosten folgt. Die Ergebnisse werden sowohl aus wirtschaftlicher als auch aus regulatorischer Perspektive diskutiert, um abschließend Handlungsempfehlungen für die verschiedenen Marktteilnehmer abzuleiten.