Die Installation von Photovoltaikanlagen (PV) boomt in Deutschland seit Jahren, und das ist auch gut so: Denn nur mit einem massiven Ausbau erneuerbarer Energien kann Deutschland die Energiewende schaffen und seine Klimaziele erreichen. Doch nun schlagen ausgerechnet zwei führende Solarunternehmen, Enpal und 1Komma5°, Alarm. Sie fordern eine sofortige Umsetzung der von der Bundesregierung geplanten Änderungen im sogenannten „Stromspitzen-Paket“. Warum aber warnen sie ausgerechnet jetzt?

Die Herausforderungen eines ungeregelten Zuwachses an PV-Anlagen

In ihrer gemeinsamen Erklärung Mitte Oktober betonen Enpal und 1Komma5°, dass die massenhafte Einspeisung durch ungeregelte kleine PV-Anlagen das deutsche Stromnetz zunehmend belastet. Gemeint sind damit Anlagen, die weniger als 100 Kilowatt Leistung haben und nicht direkt vermarktet werden, also häufig über eine festgelegte Einspeisevergütung laufen. Laut den beiden Unternehmen sind bereits 60 Gigawatt an Stromerzeugungskapazität aus diesen kleineren Anlagen am Netz – Tendenz steigend.

Das Problem: Diese kleinen PV-Anlagen speisen ihren Strom meist unkoordiniert ein, und das oft genau dann, wenn die Nachfrage nicht hoch ist. Solche Ungleichgewichte bringen das Netz an seine Belastungsgrenze, besonders an Tagen mit hoher Solarstromproduktion und geringem Verbrauch, wie es typischerweise an Feiertagen der Fall ist. Im schlimmsten Fall könnte dies zu einer Überlastung des Stromnetzes führen – mit potenziellen regionalen Stromabschaltungen als letzte Notmaßnahme.

Warum diese Warnung ausgerechnet jetzt?

Die Forderung von Enpal und 1Komma5° mag auf den ersten Blick überraschen. Immerhin profitieren sie als Anbieter neuer Solaranlagen direkt vom anhaltenden PV-Ausbau. Doch genau das könnte ein Teil der Erklärung sein. Der Markt für kleine PV-Anlagen nähert sich allmählich einer Sättigung: Der Neubau von Anlagen ist in den letzten Jahren rapide gestiegen, und der Bedarf wird möglicherweise nicht mehr in gleichem Maße wachsen wie bisher.

Für Enpal und 1Komma5° bedeutet das, dass sie möglicherweise gezwungen sind, neue Geschäftsmodelle zu finden. Während ihre bisherigen Einnahmen stark von der Installation neuer PV-Anlagen abhingen, könnten sie zukünftig auch auf den Bestand an Solaranlagen setzen. Hier kommen die Forderungen nach einer Regulierung ins Spiel: Könnte es sein, dass die Unternehmen ein Interesse daran haben, die Bestandsanlagen durch neue Vorgaben und Technik – zum Beispiel Smart Meter, Speicherlösungen oder Steuerungen – aufzurüsten? Für PV-Besitzer könnte dies attraktiv werden, wenn regulatorische Änderungen sie zu Anpassungen zwingen.

Das „Stromspitzen-Paket“ als Lösung und Chance

In ihrer Erklärung fordern Enpal und 1Komma5° eine zügige Umsetzung des „Stromspitzen-Pakets“, das unter anderem eine bessere Steuerung und Vermarktung kleiner PV-Anlagen vorsieht. Das Paket sieht Anpassungen bei der Direktvermarktung, Vereinfachungen für Speicherlösungen und eine stärkere Integration von Smart Meter-Technologien vor. Solche Lösungen könnten dabei helfen, die Einspeisung zu glätten und die Netzstabilität zu sichern.

Gleichzeitig eröffnet dies den Unternehmen die Möglichkeit, den Besitzern von PV-Anlagen zusätzliche Produkte und Dienstleistungen anzubieten – von der Optimierung der Eigenverbrauchsquote bis hin zur netzdienlichen Einspeisung. Damit könnten sie ihren Umsatz unabhängig vom reinen Zubau steigern und neue Einkommensquellen im Bestandsgeschäft erschließen.

Ein Blick in die Zukunft: Wie geht es weiter?

Ob die Bundesregierung die geforderten Änderungen tatsächlich noch vor den Neuwahlen umsetzen wird, bleibt abzuwarten. Doch die Diskussion verdeutlicht, wie wichtig eine durchdachte Netzintegration der Photovoltaik ist, wenn wir die Energiewende erfolgreich meistern wollen. Für Unternehmen wie Enpal und 1Komma5° könnte eine Regulierung der Bestandsanlagen Chancen schaffen, sich am Markt neu aufzustellen und langfristig auf stabile Einnahmequellen zu setzen.

Fazit: Die Warnung vor einem potenziellen Blackout hat zweifellos einen wahren Kern, doch auch die Interessen der Unternehmen spielen hier eine Rolle. Vielleicht wird uns das „Stromspitzen-Paket“ nicht nur helfen, das Netz zu entlasten, sondern auch das bestehende Solar-Ökosystem zu modernisieren – und damit neue Möglichkeiten für die Photovoltaikbranche zu eröffnen.